KÜSTENWEISHEIT – IM WINTER MACHT AUCH DIE NATUR URLAUB
(Husum). Wenn die Sterne am Firmament zu funkeln beginnen, dann gibt es eine Gänsehaut nicht nur der kühlen Temperatur wegen – kristallklar und prachtvoll stehen die Sternbilder am Abendhimmel. Der kommt winters im Norden früh und am Strand der Nordsee oder auf dem Deich kann man Sterne besonders gut gucken, weil wenig künstliches Licht stört. Und es somit vielerorts richtig dunkel wird.
Weißt Du, wieviel Sternlein stehen …?
Man schaue dazu zum Beispiel auf pellworm.de/sterneninsel nach, oder natürlich in den Veranstaltungskalendern der jeweiligen Urlaubsorte. Apropos dunkel: Gerade Naturführungen, die in die Dämmerung und beginnende Nacht führen, kitzeln die Sinne. Wenn man nicht mehr viel sieht, schärfen sich die anderen Sinne; man beginnt besser zu hören und zu riechen, man fühlt und spürt deutlicher. Das sind bisweilen neue, und sinnlich-intensive Erfahrungen. Dies mit versierter Exkursionsleitung am Strand oder auf dem Deich zu erleben, ist ein einzigartiges und besonderes Urlaubserlebnis an der Nordsee – so heißen manche Angebote auch „Sternenhimmel über dem Wattenmeer“ oder „Nordsee bei Nacht“.
Die frühe Dunkelheit ist ein Grund, am Winter auf Ausflug zu gehen, denn ein kurzer Tag muss nicht ein geschmälertes Urlaubsvergnügen bedeuten, sondern es kann ein großer Gewinn sein – wenn man sich auf das Unbekannte einlässt. Und schön schaurig sind die Ausflüge auf den Spuren der Mythen und Sagen der Nordsee. Manchmal gibt’s das sogar im Fackelschein. Winter ist mehr als gedacht. Und Schietwetter gilt nicht, gibt´s auch gar nicht.
Krasse Kreaturen
Es wird mehr sein, als erwartet: Grau liegt der Winter über der See, grau liegt das Watt bis zum Horizont. Bunt aber ist seine Vielfalt. Das UNESCO-Weltnaturerbe ist mehr als Matsch – man muss nur genau hinsehen. Mehr als 10.000 Arten leben hier und wer darum Bescheid weiß, findet Kurioses und Krasses, Besonderes, Spannendes. Auch – und gerade im Winter – lohnt sich die Teilnahme an einer der von kundigem, erfahrenen Personal geführten Exkursionen, die beispielsweise Naturschutzverbände und Wattführer an der Westküste von Schleswig-Holstein anbieten. Lohnenswert im Winter auch deshalb, weil Zeit und Muße ist, eben mal genauer hinzusehen. Denn das Watt ist auch im Winter sehr lebendig, nur so aussehen tut es auf den ersten Blick nicht. Wetterfest angezogen, mit Mütze und atmungsaktiver und winddichter Kleidung schliesst man sich einer geführten Tour an. Seegras schlängelt sich um die Stiefel.
Immer wieder sind Muscheln zu sehen – Austern, Herzmuscheln, Miesmuscheln, sogar eine Pfeffermuschel. Die Exkursionsleitung kniet auf dem Wattboden und legt vorsichtig eine dünne, lange Röhre aus – so scheint es: Sand – frei: es ist die Wohnröhre des Bäumchenröhrenwurms, der mit einem körpereigenen Sekret Sand zur Wohnung und wurzelartigen Verästelungen verklebt – mit letzteren fängt er seine Nahrung aus dem Wasser. Apropos einfangen: Im Wattboden und kaum erkennbar liegt eine daumengroße Kreatur, die sich im Wattboden vergraben will. Später könnte man im Aquarium folgendes sehen: Ganz langsam öffnet es sich, Tentakel kommen zum Vorschein … es ist eine Schlickanemone, ein Blumentier. Und Seenelken oder eben die Anemonen aus dem Meer können bunt sein wie die Blumen an Land. Nur ganz ohne sind sie nicht: Sie locken kleine Lebewesen an, fangen sie mit den Tentakeln ein, und fressen sie auf. Faszinierend, farbig und vielfältig sind manche Lebewesen aus dem Watt. Dazu muss man nur mal ganz genau hinsehen.
Über Ausflüge und Exkursionen informieren die Websites der Schutzstation Wattenmeer (mit ihren jeweiligen Stationen an der Küste, auf den Inseln und Halligen) sowie die der jeweiligen Urlaubsorte der Nordsee Schleswig-Holstein, siehe www.nordseetourismus.de und www.nordseetourismus.de/naturveranstaltungen
Eine Gänsehaut nicht nur der Kühle wegen
Der Abend kommt früh, langsam legt sich die Dämmerung über das Wattenmeer an der Westküste von Schleswig-Holstein, die Nacht schleicht sich aus dem Osten heran und der Abendstern beginnt am Firmament zu funkeln. Noch hat die Gruppe genug Zeit, diese letzte Stunde des Tages zu genießen. Der Wattführer wird seine Leute sicher heimbringen, das ist so gewiss wie die spannende, schöne Zeit auf dem Meeresboden zuvor. Warum das im Winter besonders reizvoll ist? Weil man richtig durchatmen kann und wirklich weit weg vom Rest der Welt ist, den Abstand zum Alltag in dem Augenblick gewonnen hat, als man begann, dem ablaufenden Wasser der Nordsee zu folgen. Schlechtes Wetter gilt nicht, und wenn es gar zu wild ist, gehen die Wattführer eh nicht los. Also heißt es nur noch – sich schön warm anziehen. Und, weil die Gruppen im Winter in der Regel kleiner sind als im Sommer, von daher mehr Zeit und Muße ist – zum Zuhören, zum Fragenstellen, zum Entdecken, zum Runterkommen.
Zum Dasein in einer faszinierenden Naturlandschaft und in einer kristallklaren Weite, die beinah trunken macht, und eine Gänsehaut nicht nur der Frische wegen. Wattwandern im Winter schafft Klarheit auch im Kopf, selbst wenn es mal neblig sein sollte. Es geht jetzt heimwärts und immer mehr Sterne prickeln im Himmel, übrigens auch das ist ein Grund für eine Wattwanderung im Winter – man kann häufiger diese traumschöne Zwischenzeit, die eben frühe Dämmerung, erleben und genießen. Die Zeit, wenn Wasser, Watt und Wolken in allen Farben sanftem Blau magisch zu leuchten beginnen, dieses allumfassende Blau ist zutiefst beruhigend. Hinter den Dünen im Westen flammt nun der Himmel auf; rot und orange in irrem Spiel und für einen kurzen Moment nur. Eine Stimmung, die sprachlos macht – und ziemlich glücklich. Über der Küste beginnt das Führlicht des Leuchtturms sein Zeichen in die Dämmerung zu werfen. Auch das ist ein wohliges Gefühl von Heimwärtskommen. Atemwölkchen stehen vor Mund und Nase, ein Kribbeln und Prickeln auf der Haut. Nicht nur des Winters wegen.
Ins Watt nur mit orts- und sachkundiger Führung gehen, die jeweiligen Urlaubsorte zum Beispiel führen entsprechende Wattwanderungen/Angebote in ihrem Programm auf.
Schönes Schietwetter
Wind leistet Widerstand. Windstärke sechs, zunehmend sieben – die spürt man deutlich beim Gehen gegen den Wind, da spürt man sich selbst auch wieder. Wenn´s tost und braust. Auf dem Deich, am Strand, am Meer. Steifer Wind und grobe See. Über der Nordsee steht eine kompakte düstere Wolkenwand und der angekündigte Regen, das „schlechte Wetter“, ist keine Vorhersage mehr, sondern wird Gewissheit. Wohlgemerkt: Schietwetter und ein steifer Wind an der See können schön sein, wird es heftiger (Sturm / Orkan) heißt es: im Haus oder der Wohnung, in Sicherheit, bleiben! Die Taue an den Masten knattern und noch stehen die Möwen im Wind, die See wird zunehmend aufgewühlt und Wellen brechen sich, Schaumkronen fliegen fort und Drähte singen. Es ist es nun an der Zeit, umzukehren – denn man nun hat man manchmal das Gefühl, dass die Böen zu schubsen anfangen. Noch ist es an der Küste klar, der Himmel hat eine seltsam gelbe, giftige Färbung, aus den längst herangerückten Wolken ragen Lichtfinger und jagen wie irre über die See. In der Luft liegt Feuchtigkeit, und sie schmeckt salzig. Es ist einsam und es ist ein schönes Gefühl, sich den Elementen zu stellen, sie zu spüren – den Wind hören, die Gischt schmecken, die Böen fühlen, das Meer riechen, wilde Nordsee sehen. Sich tüchtig durchpusten lassen, und sich dabei eben auch wieder selbst spüren. (Und wie schön ist das Wissen um die behagliche Urlaubsunterkunft gleich im Anschluss!). Regen und Sonne wechseln sich jetzt ab, die Flut brandet an die Kante, der Himmel so zerrissen wie das Meer, mal schimmert die See grün, mal gleißt es wie Silber. Weiß und wütend ist das Wasser jetzt. Bilder und Gefühle, die nur hier und jetzt erlebt werden können, intensiv und immer anders von Augenblick zu Augenblick. Was bleibt, ist ein Hochgefühl, das heimwärts trägt.
Das Judasohr hat jetzt Saison
Die Naturführerin Marion Wick ist unterwegs auf Sylt, um ihren Gästen die Vielfalt der Pilze zu zeigen. Ihren, oft längst vergessenen, Nutzen zu erklären. Und, ja – auch Winterzeit ist Pilzzeit. Eigentlich mehr noch als der Herbst, meint sie. Das Judasohr also. Marion Wick führt aus dem Wald hinaus ans Grünland, im Holundergebüsch findet sie Stämme, an denen diese Pilze wachsen. Die wie China-Pilze aussehen und die sie ebenso verwendet; Soja-Sauce passe ganz gut dazu. Pfifferling und Champignon kennt man, Steinpilz und Morcheln der Feinschmecker. Aber Judasohren, die Röhrlinge und die Porlinge? Espenrotkappen?
In früheren Zeiten, so die Naturkundige, sei das Wissen um Pilze und deren Nutzen vielfältig gewesen und selbstverständlich. Nicht allein ihres Eiweißes wegen (und billiger als Fleisch waren Pilze damals allemal), sondern auch als Gewürz. Bald findet sie einen jungen Riesenbovist, eine weiße Kugel im Gras. Den brate sie sich gern, aber nur wenn er jung ist, in Scheiben geschnitten wie ein Schnitzel in der Pfanne. In einem Wäldchen findet Marion Wick einen Nelkenschwindling, der, so berichtet sie, nach Gewürznelken rieche und schmecke, auch der bald darauf entdeckte Ockertäubling diente früher als Gewürz, der Pilz ist scharf. Zu der Zeit, als Gewürze kaum zu bekommen oder unerschwinglich waren, griffen die Menschen eben zu Pilzen. Die Pilz-Exkursionen von Marion Wick dienen allerdings nur der Anschauung, gepflückt und mitgenommen wird nichts. Und dieser Bericht ersetzt keine Fachkunde, weder eigene noch fremde. Es ist nass und kalt, im Birkenhain duftet es nach nassem Waldboden. Marion Wick freut sich auf den ersten Bodenfrost – denn dann sprießen „ihre“ Pilze erst so richtig gut.
Info: Führungen im Januar 2024 – Termine über Ansageband 0 46 65 – 98 39 856.
Quelle: Nordsee-Tourismus-Service GmbH
Photos: © Nordsee-Tourismus-Service GmbH