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Wintervögel in diesem Jahr zugfaul?


(Düsseldorf/Berlin). Viele Menschen treibt in diesem Winter die Frage um: Wo sind die Vögel geblieben? Auffallend wenig Meisen, Finken und andere Vögel ließen sich in den vergangenen Monaten an Futterstellen sowie in Gärten und Parks blicken. Dass diese Beobachtung flächendeckend zutrifft, bestätigte jetzt Deutschlands größte wissenschaftliche Mitmach-Aktion, die „Stunde der Wintervögel“. Allein in Nordrhein-Westfalen zählten 22.480 Vogelfreunde Anfang Januar eine Stunde lang über 445.000 Vögel in 615.573 Gärten und meldeten die Beobachtungen an den NABU – ein absoluter Rekordwert für das Bundesland.

Teilnehmerrekord bei der „Stunde der Wintervögel“ in NRW

„Die Sorge um ausbleibende Vögel hat viele Menschen beschäftigt. Und in der Tat: So wenige Vögel wie in diesem Winter hatten wir schon lange nicht mehr“, sagte Heinz Kowalski, stellvertretender Landesvorsitzender und NABU-Vogelexperte. Insgesamt beobachteten die Teilnehmer durchschnittlich 17 Prozent weniger Tiere als in den Jahren zuvor. Vor allem bei den häufigen Wintervögeln und Futterhausbesuchern, darunter alle Meisenarten, aber auch Kleiber und Kernbeißer, wurden die bisher niedrigsten Zahlen seit Beginn der Aktion im Jahr 2011 verzeichnet. Pro Garten ließen sich im bundesweiten Schnitt nur rund 34 Vögel und acht verschiedene Arten sehen – sonst liegt der Schnitt bei rund 41 aus neun Arten.

„Einige Arten hatten dieses Jahr offenbar kaum Wanderlust – was zu den teils deutlichen Rückgängen geführt hat. Das gilt vor allem für jene, die im Winter häufig Besuch von ihren Artgenossen aus dem kälteren Norden und Osten bekommen. Dazu zählen auch die meisten Meisenarten“, so Kowalski. Auffällig ist, dass die Rückgänge bei Meisen und Co. im Norden und Osten Deutschlands gering ausfallen. In Nordrhein-Westfalen waren Kohl- und Blaumeise mit Abnahmen von 46 Prozent dagegen viel seltener zu sehen als im Vorjahr. Manche Wintervögel haben wohl aufgrund des – bis zum Beginn des Zählwochenendes – noch extrem milden Winters auf halber Zugstrecke Halt gemacht.

Bei Amseln, Rotkehlchen, Ringeltauben, Star und Heckenbraunellen wurden bundesweit die bislang höchsten oder zweithöchsten Werte seit Beginn der Aktion ermittelt. In NRW konnte dies insbesondere für die Amsel bestätigt werden. Die Amselzahlen stiegen hier pro Garten durchschnittlich um 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr, bundesweit gar um 20 Prozent.

Entsprechend deutlich zeigen sich die Verschiebungen auch in der Rangliste der häufigsten Wintervögel: Der Haussperling verdrängt in Nordrhein-Westfalen die Kohlmeise auf Platz 3. Hinter dem Spitzenreiter Haussperling setzte sich die Amsel auf Rang zwei durch. Die Blaumeise folgt auf Rang 4. Bundesweit liegt der Feldsperling auf der vierten Position noch vor der Blaumeise.Neben der geringen Zuglust haben auch weitere Faktoren Einfluss auf die Ergebnisse. So stellten nordrhein-westfälische NABU-Ornithologen fest, dass Meisen und andere Gartenvögel im Frühjahr des Vorjahres einen schlechten Bruterfolg hatten. Welche Auswirkungen die schlechte Brutsaison 2016 auf die Besetzung von Nistkästen in diesem Jahr hat, kann die im Mai stattfindende Schwesteraktion „Stunde der Gartenvögel“ zeigen. Dann sind Deutschlands Vogelfreunde wieder aufgerufen, eine Stunde lang die Vögel zu zählen. Hier stehen Deutschlands Brutvögel im Fokus.

Die Ergebnisse der Wintervogelzählung zeigen auch, dass das unter Amseln grassierende Usutu-Virus keine Auswirkungen auf den Gesamtbestand der Art hatte. Anhand der Meldungen lassen sich die diesjährigen Ausbruchsgebiete – vor allem am Niederrhein – zwar deutlich erkennen, hier sind die Amselzahlen deutlich niedriger als andernorts. Doch insgesamt gehört die Amsel zu den Gewinnern der diesjährigen Zählung.

Besorgniserregend ist hingegen die anhaltende Talfahrt der Grünfinken. Nach einem erneuten Rückgang um 28 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und über 60 Prozent gegenüber 2011 ist der Grünfink erstmals nicht mehr der sechsthäufigste Wintervogel in Deutschland. Er rangiert nunmehr auf Rang acht. Grund hierfür ist vermutlich das durch einen Parasiten hervorgerufene sogenannte „Grünfinkensterben“ (Trichomoniasis), das seit 2009 vor allem an sommerlichen Futterstellen auftritt. Der NABU ruft einmal im Jahr zur „Stunde der Wintervögel“ bzw. „Stunde der Gartenvögel“ auf. Es sind Deutschlands größte Citizen-Science-Aktionen. Die nächste „Stunde der Gartenvögel“ findet über Muttertag vom 12. bis 14. Mai 2017 statt. Je mehr Menschen an der Aktion teilnehmen, desto genauer werden die Ergebnisse. Die Meldungen werden auf www.stundederwintervoegel.de bis auf Bundesland- und Landkreisebene ausgewertet.

Quelle:    NABU/NRW
Photos:  © MMB/Below

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