DER ROTE FINGERHUT
)(Wikipedia). Der Rote Fingerhut (Digitalis purpurea), auch Fingerhut, Fingerkraut, Fuchskraut, Schwulstkraut, Unserer-lieben-Frauen-Handschuh, Waldglöckchen, Waldschelle genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Fingerhüte (Digitalis) in der Familie der Wegerichgewächse (Plantaginaceae). Der Gattungsname Digitalis leitet sich vom lateinischen Wort digitus für Finger ab und bezieht sich auf die charakteristische Blütenform.
Der Rote Fingerhut wurde 2007 zur Giftpflanze des Jahres gewählt.
BESCHREIBUNG
Der Rote Fingerhut wächst meist als zweijährige, krautige Pflanze. Im ersten Jahr bildet sie eine Grundblattrosette, aus der im Folgejahr ein bis zu 200 cm hoher, meist unverzweigter, beblätterter Stängel austreibt. Diese Halbrosettenpflanze treibt seltener auch in weiteren Jahren aus den basalen Achselknospen wieder aus. Die grundständigen, bis 20 cm langen Laubblätter sind lang gestielt und besitzen einen keilig verschmälerten Spreitengrund, die oberen sind ungestielt. Die Blattstellung ist spiralig, das sechste Blatt steht genau über dem ersten, was bei zwei Umläufen einem Divergenzwinkel von 144 Grad entspricht. Die eiförmige Blattspreite ist beidseitig, unterseits grau-weiß, behaart, der Blattrand kerbig gesägt.
Im endständigen, traubigen Blütenstand stehen viele Blüten zusammen. Die zwittrigen Blüten sind zygomorph. Die fünf purpurrot-violetten oder selten weißen Kronblätter sind zu einer 4 bis 6 cm langen, fingerhutähnlichen Krone verwachsen, die innen behaart und außen kahl ist. Die Krone ist zweilippig mit auffällig gefleckter Unterlippe. Es sind vier Staubblätter vorhanden. Die Narbe ist zweilappig. Die Blütezeit reicht von Juni bis August.
Es werden mit einer Länge von etwa 12 mm eiförmige Kapselfrüchte gebildet, die sich vor allem entlang der Scheidewände (septizid) öffnen und viele mit einer Länge von etwa 0,5 mm kleine Samen enthalten. Die Fruchtreife erfolgt im August.
ÖKOLOGIE
Die traubigen Blütenstände sind durch Orientierung zum Licht hin einseitswendig (positiv phototrop). Steht der Fingerhut in der vollen Sonne, weisen seine Blüten nach Süden. Die Einzelblüten sind schräg abwärts gerichtet. Es handelt sich um „Rachenblumen“ mit der Innenwand dicht anliegenden Staubbeuteln und Narben. Der Eingang in die Blüten wird kleineren Insekten durch senkrecht hochstehende Sperrhaare verwehrt; gewöhnlich können nur Hummeln eindringen („Einkriechblume“). Ihnen dient der vorstehende untere Teil der Blütenglocke als Landeplattform. Wenn das Insekt zum Nektar vordringt, streift es die Staubgefäße mit dem Rücken, der dabei mit Pollen beladen werden kann.
Die Blüten sind vormännlich; sie erblühen am Blütenstand von unten nach oben. Wenn die unteren sich im weiblichen Stadium befinden, sind die oberen erst im männlichen Stadium. Da der Anflug von Blütenständen durch Hummeln immer von unten nach oben erfolgt, wird Fremdbestäubung sichergestellt. Die dunklen und hell umrandeten Flecken der Blüteninnenseite wurden früher als Saftmale gedeutet. Inzwischen konnte gezeigt werden, dass die Blüten bei Abdeckung der Flecken nur fünf Mal seltener angeflogen werden; man deutet die Flecken daher heute als Staubbeutel-Attrappen. Die Lebensdauer der Blüten beträgt etwa sechs Tage. Zuweilen tritt eine monströse Riesenblüte auf (Pseudo-Pelorie). In den Blüten ist das Anthocyan Cyanin enthalten. Die Bestäubung erfolgt vor allem durch langrüsselige Hummelarten, wie die Ackerhummel und die Gartenhummel.
Die vielen kleinen Samen sind „Ballonflieger“. Die Kapselfrüchte sind Wind- und Tierstreuer. Die Samen sind Lichtkeimer. Der Rote Fingerhut ist eine Langtagpflanze.
VORKOMMEN
Der Rote Fingerhut ist in Westeuropa sowie dem westlichen Süd-, Mittel- und Nordeuropa und in Marokko beheimatet. In Nord- und Südamerika ist er gebietsweise eingeschleppt. In Deutschland hat er sein natürliches Verbreitungsgebiet bis zum Harz und dem Thüringer Wald, tritt aber verwildert heute im ganzen Land auf.
Man findet den Roten Fingerhut zerstreut aber gesellig auf Kahlschlägen, vor allem des Gebirges, an Waldwegen und in Waldverlichtungen. Er bevorzugt frischen, kalkarmen, sauren, lockeren, humusreichen Boden an sonnigen bis halbschattigen Standorten.
Nach Ellenberg ist er eine Halblichtpflanze, ein Mäßigwärmezeiger mit ozeanischer Verbreitung, ein Frischezeiger, ein Säurezeiger und in Mitteleuropa eine Charakterart des Epilobio-Digitalietum purpureae aus dem Verband der Weidenröschen-Waldlichtungsfluren (Epilobion angustifolii).
Seit dem 16. Jahrhundert wird er in den gemäßigten Breiten als Zierpflanze in Parks und Gärten verwendet. Der Rote Fingerhut breitet sich als invasive Pflanze in gemäßigten Zonen und höheren Berglagen in Mittel- und Südamerika aus. Dort wird die Art auch durch Höschenkolibris (Eriocnemis) und Rückstrahlerkolibris (Aglaeactis) bestäubt.
WISSENSCHAFTLICHER NAME:
DIGITALIS PURPUREA ( L. )
= ROTER FINGERHUT
= Foxglove
= Vingerhoedskruid
SYSTEMATIK:
ASTERIDEN
Rang: EUASTERIDEN I
Ordnung: Lippenblütlerartige ( Lamiales )
Familie: Wegerichgewächse ( Plantaginaceae )
Gattung: Fingerhüte ( Digitalis )
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