Vertikale Begrünung: Mikroklima verbessern und Feinstaub reduzieren
(Oberhausen). Mit vertikaler Begrünung lassen sich Gebäudefassaden langfristig bepflanzen – mit dem zusätzlichen Ziel, das Mikroklima positiv zu beeinflussen, die Feinstaubkonzentration zu senken und den Schallschutz zu verbessern. Auf der Messe BAU 2017 präsentiert Fraunhofer UMSICHT ein Pilotsystem zur vertikalen Begrünung, das bereits jetzt im kleinen Rahmen einsatzfähig ist.
Immer mehr Menschen leben in Städten. Aus dieser Entwicklung heraus gerät zwangsläufig auch die Begrünung des urbanen Raums in das Blickfeld von Architekten und Planern. Zum einen besteht der Wunsch, grüne Flächen als gestalterisches Element zu verwenden. Zum anderen verspricht man sich positive Einflüsse auf die CO2-Bindung und Feinstaubfilterung, das Mikroklima und den Schallschutz.
Für die Begrünung von Dächern gibt es mittlerweile viele Lösungsansätze. Die Begrünung vertikaler Flächen wie Gebäudefassaden steckt dagegen noch in den Anfängen. Das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT in Oberhausen hat in diesem Rahmen ein Pilotsystem für vertikale Begrünung entwickelt. Das Modulsystem funktioniert bodenungebunden und auf der Basis mineralischer Bauelemente aus Kalksandstein, die zu großflächigen Elementen verbaut und mit verschiedenen Pflanzenarten begrünt werden können.
Bessere Luft durch begrünte Wände
Auf der BAU 2017, der Weltleitmesse für Architektur, Materialien und Systeme, präsentiert Fraunhofer UMSICHT vom 16. bis zum 21. Januar in München ein Bauelement für die wandgebundene vertikale Begrünung. »Außerdem zeigen wir am Messestand ein Video, das anhand von 3D-Animationen die Funktionsweise der Wand demonstriert«, sagt Dr. Holger Wack, stellvertretender Leiter der Abteilung Materialsysteme und Hochdrucktechnik, der das Projekt bei Fraunhofer UMSICHT betreut. »Wir freuen uns, auf der BAU die Akzeptanz und mögliche Einsatzgebiete von Systemen vertikaler Begrünung zu diskutieren.«
Pilotsysteme sind seit Anfang 2015 in Castrop-Rauxel (UNIKA), in Orihuela in Spanien (biolit) und in Oberhausen (Fraunhofer UMSICHT) zu Forschungszwecken installiert. Neben Untersuchungen zum Bewässerungsverhalten, Pflanzenwachstum und zur Feinstaubsorption steht derzeit vor allem die positive Beeinflussung des Mikroklimas im Fokus: Speziell in großen Städten gibt es Areale, die signifikant wärmer sind als die Umgebung, sogenannte Urban Heat Islands. »Die Vertikalbegrünung ist ein Mittel, um die Überhitzung im urbanen Raum zu reduzieren«, erklärt Dr. Wack. So konnten Wärmebildkameraaufnahmen bereits zeigen, dass die Pilotwand deutlich kühler ist als die Umgebung.
Modulsystem beliebig skalierbar
Das von UMSICHT entwickelte System zur wandgebundenen vertikalen Begrünung lässt sich bereits jetzt in der Praxis nutzen, beispielsweise als Trennwand zwischen zwei Häusern, Dr. Wack: »Durch die einzelnen Bauelemente bieten wir ein skalierbares Modul, mit dem sich beliebig große Flächen erstellen lassen.« Langfristig gesehen könnten damit beispielsweise auch Lärmschutzwände an Autobahnen realisiert werden. Das System bietet im Sinne des vertikalen Gärtnerns auch für Privatleute eine interessante Option: Die Baumodule eignen sich durch ein automatisches Bewässerungssystem für die Obst- und Gemüseaufzucht wie Erdbeeren oder Zucchini auch auf der eigenen Terrasse.
Darüber hinaus arbeiten Dr. Wack und sein Team derzeit an Techniken zur Vermessung und Visualisierung von vertikal begrünten Wänden, die später auch anderen Betreibern von Vertikalbegrünungen zugänglich gemacht werden sollen. Damit können dann Aussagen über den Ist-Zustand getroffen und Reglungsstrategien abgeleitet werden – beispielsweise um wie viel Grad die Temperatur beeinflusst wird oder wie in Abhängigkeit der Wettersituation bewässert werden muss.
Quelle: Fraunhofer UMSICHT / Oberhausen
Photos: © Fraunhofer UMSICHT